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Stadt Forum #77
Smart City
Potsdam
Chancen der Digitalisierung für die Stadtgesellschaft
30.11.2023 / 18:00 / Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Das STADT FORUM befasst sich mit der Smart-City-Strategie von Potsdam. Mit dieser vom Bund geförderten Strategie soll die Digitalisierung verstärkt für die kommunalen Aufgaben der Stadtentwicklung genutzt werden. Die Stadt hat eine Reihe von Projekten entwickelt, die die Möglichkeiten und Vorteile der digitalen Beteiligung für die Bürger*innen Potsdams dabei verdeutlichen: Von einem partizipativen digitalen Stadtteilmodell für den neuen Stadtteil Krampnitz bis zur Einrichtung eines stadtweiten Sensornetzes zur Erhebung von Umweltdaten.
Was bringen diese neue Digitalkonzepte für die Bürgerschaft?
Welche konkreten Anwendungsbeispiele gibt es bereits?
Wie können sich Bürger*innen mit Ideen zur Nutzung solcher Daten einbringen?
Wir freuen uns auf eine lebendige Diskussion mit dem Smart-City-Team der Stadt, mit Expert*innen z.B. aus Gütersloh und mit Ihnen – den Potsdamer Bürger*innen!
Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen nahezu alle Städte derzeit stehen, gibt es schon seit vielen Jahren die Überlegung, die Digitalisierung auch für die Stadtentwicklung und deren wachsende Aufgaben stärker zu nutzen (Smart-City-Konzepte). Während Googles Digitalstadt in Toronto scheiterte, hat sich Barcelona als Vorbild für Digitalisierung im Dienst des Gemeinwohls entwickelt. Potsdam ist seit 2021 Smart City Modellkommune und wird für die Erarbeitung und Umsetzung einer entsprechenden Strategie im Rahmen eines mehrjährigen Programms des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert. Damit gehört Potsdam zu bundesweit insgesamt 73 Modellstädten, darunter Großstädte wie Hannover, Bochum, Pforzheim und Gütersloh, Mittelstädte und Kleinstädte wie Bad Belzig/Wiesenburg und Guben.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Smart City-Strategie“?
Ziel des Projekts ist es, die Herausforderungen der zukünftigen Stadtentwicklung mit Hilfe der Digitalisierung zu meistern und auf bestehende wie auch unvorhergesehene Aufgaben besser und schneller zu reagieren. So wie der Umgang mit der Digitalisierung mittlerweile ein selbstverständlicher Bestandteil von privaten Aktivitäten geworden ist, so soll die Smart City Strategie dazu führen, daß Digitalisierung auch zur alltäglichen Praxis im öffentlichen Raum, für die Stadtgesellschaft und für den Dialog zwischen Verwaltung und Bürger wird.
Nach dem Abschluss der Strategiephase (s. Landeshauptstadt Potsdam, Smart City-Strategie, Potsdam 2023) und der Durchführung einer umfangreichen Bürgerumfrage (s. Landeshauptstadt Potsdam, Modellprojekt Smart City Bürgerumfrage 2022, Potsdam 2023) werden am 30.11.2023 verschiedene Pilotprojekte präsentiert, eine Vielzahl von Beteiligungsmodellen vorgestellt und der Austausch mit der Wissenschaft, mit anderen Smart-City-Modellstädten sowie nicht zuletzt mit den Bürger*innen gesucht.
„Smart City Potsdam – Zusammen schaffen wir eine nachhaltige Stadt für morgen“
(aus: Potsdam, Smart City Strategie, 2023)
„Durch stark steigende Bevölkerungszahlen, hohe wirtschaftliche Prosperität bei gleichzeitiger Flächenknappheit, den sich verändernden Mobilitätsbedürfnissen und den Herausforderungen des Klimawandels besteht für die Landeshauptstadt (LHP) anhaltender Handlungsbedarf. Dieser Handlungsbedarf kann jedoch nicht allein mit dem üblichen Vorgehen angegangen werden. Daher soll die Handlungsfähigkeit der Kommune im Rahmen der digitalen Transformation gestärkt werden, denn mithilfe digitaler Lösungen können zusätzliche Angebote vor Ort geschaffen werden, mit denen bspw. eine breitere Beteiligung der Einwohnerinnen und Einwohner bei Fragen der Stadtentwicklung ermöglicht wird……….
Die Vorhaben werden von kommunalen Unternehmen sowie zahlreichen Akteur*innen der Potsdamer Wissenschafts- und Wirtschaftslandschaft unterstützt und sind in eine regionale Gemeinschaft eingebettet.“
„Die im April 2022 gegründete AG Smart City bei der LH Potsdam ist mit der Erarbeitung der stadtweiten Smart-City-Strategie beauftragt. Sie setzt sich intensiv mit der Umsetzung der in der Strategie formulierten Maßnahmen auseinander. Dabei übernimmt die AG Smart City zentral die übergreifende strategische Planung, die Koordinierung, das Monitoring sowie die Außendarstellung. Die Umsetzung der Smart-City-Strategie wird als gesamtstädtische Querschnittsaufgabe verstanden, an der alle Geschäftsbereiche wie auch kommunale Unternehmen aktiv mitwirken. Die AG Smart City arbeitet dabei eng mit allen relevanten Akteur*innen der Stadt – städtische Unternehmen eingeschlossen – auf Amts- und Geschäftsführungsebene sowie den brandenburgischen Landkreisen im Umland Potsdams zusammen.
Das Potsdamer Smart-City-Projekt ist in zwei Phasen aufgeteilt:
Phase A (vom Januar 2022 bis November 2023) beinhaltet den Entwicklungsprozess der Smart-City-Strategie Potsdam und die Umsetzung erster Projekte, die aus einer umfassenden Beteiligung der Stadtgesellschaft, Kommunalpolitik, kommunalen Unternehmen und Stadtverwaltung entstanden sind und bis Ende 2023 umgesetzt werden sollen. Daran schließt sich die Phase B mit der Umsetzung der Strategie und der darin formulierten Maßnahmen an (2024 bis 2026).
Aus den umfassenden Ergebnissen und Erkenntnissen, die im Zuge des partizipativen Strategieentwicklungsprozesses gewonnen werden konnten, wurde eine Vision für die Smart City Potsdam formuliert. Diese konzentriert sich auf die zentralen Herausforderungen der Potsdamer Stadtentwicklung und soll allen Akteur*innen aus der Stadtgesellschaft, Stadtverwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft als Orientierungspunkt und Motivation für die gemeinsame Gestaltung der Smart City Potsdam dienen.“ (Auszug aus: Landeshauptstadt Potsdam Innovativ. Grün. Gerecht Smart-City-Strategie Potsdam, Potsdam 2023)
„In der europäischen Smart City stehen die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt, Kontrolle soll es nicht geben.“ (Vilim Brezina, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2023)
Bereits im Herbst 2022 hat die Stadt Potsdam zur Smart-City-Strategie eine breit angelegte Bürgerumfrage durchgeführt, an der sich über 2.200 Bürger*innen in einer repräsentativen Zusammensetzung beteiligt haben. Bei der Frage nach den möglichen Zielen einer solchen Strategie erhielt die Schaffung lebenswerter und sicherer Stadtteile die höchste Zustimmung. Auch die Ziele der Klimaneutralität und des Umweltschutzes sowie einer sozial gerechten Stadt fanden darin starken Zuspruch. Ein sehr hoher Anteil der Teilnehmer*innen nutzt das Internet mit mindestens einer Anwendung häufig. Viele greifen aber nicht - meist aus Unkenntnis – auf die digitalisierten Leistungen und Angebote der Stadtverwaltung zu. Eine wichtige Rolle bei der Nutzung von digitalisierten Angeboten spielt die Sorge vor der Verbreitung von Fake News (Falschnachrichten), vor dem Verlust der Datenkontrolle, bzw. vor Datenmissbrauch sowie die Sorge vor der Privatisierung von staatlichen Leistungen.
„Die Sorgen und Ängste der Potsdamer*innen insbesondere vor Fake News, vor Datenkontrolle und -missbrauch müssen im Smart City-Prozess klar adressiert und diskutiert werden.“ (Aus: Modellprojekt Smart City – Bürgerumfrage 2022, S. 41)
Bereits in der ersten Phase der Smart City Strategie für Potsdam werden die folgenden Projekte entwickelt und bereits konkret bearbeitet:
Potsdam Lab
Das Potsdam Lab wurde am 14.10.2023 im Bildungsforum in Anwesenheit der Bundesministerin Klara Geywitz eröffnet und soll ein Experimentier-, Lern und Begegnungsraum für die Stadtgesellschaft, die Wissenschaft und die Verwaltung sein. Die neugestalteten Räume in der 4. Etage bieten verschiedene Stationen zum Kennenlernen, Ausprobieren und Mitmachen an und werden von ProWissen e.V. betrieben
Kommunale digitale Infrastruktur durch das Sensornetz LoRaWan (Long Range Wide Area Network)
Damit ist ein stadtweites, im öffentlichen Raum dauerhaft installiertes Sensornetz (Reichweite 15 km) gemeint, das sich – ähnlich wie das WLAN - für die drahtlose Übertragung von vor Ort erhobenen Daten (etwa zur Luftfeuchtigkeit) eignet. Das Sensornetz wird von den Potsdamer Stadtwerken installiert bzw. betrieben und die erhobenen Daten werden in einer urbanen Datenplattform visualisiert, auf die die Bürger*innen einen Zugriff haben. Ein erstes Teilnetz wurden im Oktober auf dem Dach der Biosphäre und der nahen Gesamtschule am Schloss installiert, mit dem die Luftqualität gemessen und die Luftqualität gesteuert werden kann.
Partizipatives Stadtmodell (PASMO) für Krampnitz
Das Modell stellt die Planungen für den neu geplanten Stadtteil Krampnitz im Potsdamer Norden in unterschiedlichen Varianten und auf verschiedenen Planungsebenen (z.B. Verkehr, Schul- und Kitastandorte, Baudaten) dar. Es wird von ProPotsdam betrieben und soll einen niedrigschwelligen Austausch mit interessierten Bürger*innen an verschiedenen Orten ermöglichen.
Urbane Datenplattform
In der Urbanen Datenplattform werden die mit Hilfe der kommunalen digitalen Infrastruktur gesammelten Daten visualisiert und so miteinander verknüpft, daß sich daraus nachhaltige Anwendungen für die Einwohner*innen, die Wirtschaft; Wissenschaft und die Verwaltung realisieren lassen.
Klimadashboard
Das Klimadashboard visualisiert die Umsetzung des Masterplans 100 % Klimaschutz von Potsdam und veranschaulicht in einem Szenarienrechner zukünftige Treibhausemissionen Potsdams.
Software für digitale Beteiligung
Mit diesem Beteiligungsportal will die Verwaltung digital in einen Austausch mit der Stadtgesellschaft treten. Es soll z.B. möglich sein, eine Idee oder eine Beschwerde einzubringen und einen Vorschlag zur Gestaltung der Stadt zu machen. Auch Diskussionen sollen in einem eigenen Forum geführt werden. Diese Form der Bürgerbeteiligung wird von der kommunal getragenen Werkstatt Mittmachen e.V. betrieben. Außerdem wurde 2022 gemäß einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung ein Digitalisierungsrat für Potsdam eingerichtet, der aus renommierten Wissenschaftler*innen und Unternehmer*innen besteht. Sie sollen die Digitalisierung themenübergreifend voranbringen und die Stadt bei der Smart City Strategie beraten.
Die Digitalisierung löst nicht die großen Probleme unserer Gesellschaft. Sie kann nur einen Beitrag dazu leisten, Verbesserungen herbeizuführen.“ Charlotte Räuchle (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2023)
Wie gehen andere Städte vor?
Die Stadt Gütersloh ist bereits seit 2020 Smart City Modellstadt und hat ihre Umsetzungsstrategie im November 2022 vorgelegt (s. Digitale Agenda Gütersloh Vom digitalen Aufbruch zur Umsetzung, Gütersloh 2022). Diese Digitale Agenda unterscheidet zwischen fünf Phasen in denen Handlungsfelder definiert und Projektvorschläge eingeholt wurden, von denen mehrere bereits realisiert oder in der Umsetzung sind. Dabei hat die Stadt Gütersloh besonderen Wert auf die Beteiligung der Bürger*innen gelegt, ein Digitales Forum als Beratungsgremium eingesetzt, Denklabore entwickelt und 2021 einen Bürgerrat eingeführt. Bereits seit 2019 existiert eine Digitaler Werkraum als konkreter Treffpunkt für die ganze Stadt, zudem wurde 2022 die Innovationsmanufaktur gegründet.
„Digitalisierung braucht konkrete Anwendungsfälle – sonst bleibt sie zu abstrakt.“ Mario Wiedemann, Smart City-Strategie Gütersloh, 2022
Fragen für die Diskussion
- Sind die Anwendungsfälle für die Smart City-Strategie Potsdams konkret genug und besteht daran hinreichend öffentliches Interesse? Gibt es Anwendungsfälle z.B. im Bildungsbereich (digitale Archive), die ggf. auf hohes Interesse stoßen? Welche Kommunikationsmaßnahmen sind wichtig, um eine große Zahl von Bürger*innen zu erreichen?
- Wie wird eine transparente Verwendung der im Rahmen des Projekts erhobenen bzw. verwendeten Daten gewährleistet? Welche „Leitplanken“ und Regeln sollten für den weiteren Prozess der Digitalisierung gesetzt werden?
- Wie ist es möglich, die digitalisierte Kommunikation im großen Stil zu nutzen und gleichzeitig Transparenz herzustellen? Ist ein laufendes Monitoring vorgesehen?
- Was geschieht mit den im Rahmen der Smart-City-Strategie gestarteten Projekten nach dem Ende der Förderung? Laufen die Projekte weiter? Sind neue Projekte möglich?
Beiträge
Prof. Dr.-Ing. Michael Prytula
Forschungsprofessor für ressourcenoptimiertes und klimaangepasstes Bauen Studiengangsleiter Urbane Zukunft
Fachhochschule Potsdam
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